Mailverkehr CDU-Spitzenkandidat = Beltkritiker

3. Mai 2017
Sehr geehrter Herr Günther,

mit großem Interesse und mindestens gleich großem Erstaunen habe ich den o.g. Bericht gelesen. Ihnen wird die Aussage zugeschrieben: „Die schwache Akzeptanz des Projekts in Teilen der Bevölkerung sei letztlich nur Ergebnis des mangelnden Einsatzes der Landesregierung.“ Sie würden als künftiger Ministerpräsident zudem unverzüglich 60 Millionen für Studien zu Auswirkungen der Trasse in den Haushalt einstellen.

Als ob sich durch weitere Studien die Fakten ändern und die Akzeptanz umkehren würden. Sie sollten das Geld in neutrale Gutachten zu Verkehrsentwicklung und Auswirkungen auf Umwelt und Tourismus investieren, um ein aktuelles Bild des gesamten Projektes zu bekommen und dieses Milliardengrab ggf. stoppen. Transparenz wird weiterhin von der Politik abgelehnt. Wir leben in Ostholstein von der Natur und vom Tourismus und nicht von Hochgeschwindigkeitsgüterzügen. Und dann soll noch der öffentliche Personennahverkehr durch Verlegung weit außerhalb der Ortschaften eingeschränkt werden. Egal, was Sie anstellen, viel ist da nicht zu akzeptieren. Und der Widerstand gegen das Projekt wächst kontinuierlich – wenn auch gerne von der Politik ignoriert.

Ich fordere Sie auf, endlich die Interessen der Schleswig-Holsteiner Bürger zu vertreten und sich nicht als Sprachrohr der Dänen und von Femern A/S zu verdingen!

Grüße aus der Neustädter Bucht!

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Antwort Daniel Günther – MdL:

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4. Mai 2017

Sehr geehrter Herr Pries,

ich danke Ihnen für Ihre Mail vom 3. April 2017 und Ihre Einordnung zur Festen Fehmarnbeltquerung.

 

Die CDU steht ohne Wenn und Aber zur festen Fehmarnbeltquerung und zum Staatsvertrag mit Dänemark. Eine andere Möglichkeit haben wir in Schleswig-Holstein auch gar nicht. Wenn andere Parteien aus welchen Gründen auch immer einen anderen Eindruck vermitteln, dann sage ich sehr deutlich, dass so die Bürger an der Nase herumgeführt werden. Die Bürger haben ein Mitspracherecht über das „wie“ die Fehmarnbeltquerung kommt, aber nicht über das „ob“. Das dänische Parlament hat 2015 zugestimmt, dass dieses für ganz Europa wichtige Bauprojekt nun realisiert wird.

 

Das Land Schleswig-Holstein ist deshalb aufgefordert, das Planfeststellungsverfahren zur Fehmarnbeltquerung zum Ende zu bringen. SPD-Minister Meyer hätte aus meiner Sicht deutlich früher den Dialog mit den Gegnern wie Sie es sind, suchen und die Einwendungen der Bürger schnellst möglich abarbeiten müssen. Das hat er nicht getan. Es ist nicht nur ein Ärgernis, sondern geradezu peinlich, dass nicht alle der 12.600 Einwendungen auf deutscher Seite fristgerecht bearbeitet werden konnten. Die jetzige Landesregierung hatte die Chance, sich für einen unverzüglichen Planfeststellungsbeschluss und die Schaffung von Baureife bei der Fehmarnbeltquerung einzusetzen und die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Auch das hat Sie nicht getan und unserem Land im internationalen Ansehen schweren Schaden zugefügt. Weitere Verzögerungen im Verfahren machen das Projekt nur unnötig teurer, verhindert wird es so aber nicht.

 

Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Fehmarnbeltquerung nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile wie z.B. Lärmemissionen durch die neue Bahntrasse bringt. Trotzdem bin ich nach Abwägung allen Für und Wider davon überzeugt, dass Schleswig-Holstein vom Fehmarnbelt-Tunnel enorm profitieren kann. Er lässt eine starke transnationale Metropolregion Kopenhagen-Hamburg entstehen. Das bezieht die Regionen an der Strecke ausdrücklich mit ein. Der Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein und Hamburg mit seinen hochqualifizierten Arbeitsplätzen, seiner weltweiten Vernetzung und Exportorientierung ist von einer exzellenten Verkehrsanbindung abhängig, um auf Dauer die Arbeitsplätze in der Region zu erhalten.

 

Wir unterstützen die Forderungen des Dialogforums. Ich übersende Ihnen die Stellungnahme der CDU zu den Forderungen zu Ihrer Kenntnis:

 

Forderungen Dialogforum:

1)   genügend Zeit für den Projektbeirat des Dialogforums zur Klärung der Schutzfragen vor Einreichung der Planfeststellungsanträge durch die DB,

Partei Stellungnahme
CDU Wir werden in Absprache mit dem Projektbeirat des Dialogforums und der DB einen Zeitplan festlegen, innerhalb dessen die Schutzfragen vor Einreichung der Planfeststellungsanträge geklärt werden müssen. Insgesamt dauert das Verfahren zur Schienenhinterlandanbindung aber schon zu lange.

 

2)   aktiven, städtebaulich verträglichen Lärmvollschutz in allen sensiblen Bereichen von Fehmarn bis Lübeck

Partei Stellungnahme
CDU Die Einbeziehung der von Lärm Betroffenen ist für uns von zentraler Bedeutung. Wir werden uns für einen optimalen Lärm- und Naturschutz von Anfang an einsetzen und den bestmöglichen Gesundheitsschutz in allen sensiblen Bereichen. Dabei werden wir alle möglichen Maßnahmen in die Prüfung mit einbeziehen.

 

3)   Schutz vor Erschütterungen,

Partei Stellungnahme
CDU Vorbeifahrenden Züge können erhebliche Erschütterungen hervorrufen und Schäden an Gebäuden verursachen. Der Wert der Häuser, der Mietwert und der Tourismus können teils erheblich beeinträchtigt werden. Wir werden uns bei der Bahn, beim Bund und auch in Dänemark dafür einsetzen, dass nur lärmreduzierte Züge auf den neuesten technischen Stand über die Fehmarnbelt-Trasse fahren dürfen. Wir unterstützen das lärmabhängige Trassenpreissystem der DB Netz AG. Auch unterstützen wir die Forderung, nach Fertigstellung der Trasse eine erneute Erschütterungsanalyse durchzuführen.

 

 

 

4)   keine Teilung von Ortschaften, Vorrang für Trog-  und Tunnellösungen,

Partei Stellungnahme
CDU Wir werden 60-Millionen Euro Landesmittel für die Schienenhinterlandanbindung erneut bereitstellen, wie wir dies schon 2010 getan hatten. Unser Ziel war immer, die raumverträglichste Variante der Schienenhinterlandanbindung nach Abschluss des Raumordnungs- und des Planfeststellungsverfahrens realisieren zu können. Das schließt Trog- und Tunnellösungen zur Vermeidung von Ortsteilungen oder übermäßiger Lärmbelastung mit ein.

 

5)   Beseitigung höhengleicher Bahnübergänge, keine Kosten für Kommunen,

Partei Stellungnahme
CDU Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Bahn die gesamte Schienenhinterlandanbindung zur Hochgeschwindigkeitstrasse (Tempo 200) macht. Denn dann darf es keine höhengleichen Bahnübergänge mehr geben und die Bahnübergänge müssen zwingend durch Brücken- und Tunnel ersetzt werden – und nur der Bund zahlt. Dies wäre auch insoweit konsequent, da auch auf dänischer Seite mit Tempo 200 geplant wird. Sollte die Schienenhinterlandanbindung nicht zur Hochgeschwindigkeitstrasse werden, so wird das Land die Kosten der Kommunen für die Beseitigung höhengleicher Bahnübergänge übernehmen.

6)   Verbesserung des ÖPNV, Anbindung nach Dänemark,

Partei Stellungnahme
CDU Die Schieneninfrastruktur in Ostholstein wie auch im gesamten Netz Ost wird sich in den nächsten Jahren sehr stark verändern. Neben der Schienenhinterlandanbindung zur Festen-Fehmarnbelt-Querung wird auch der Ausbau der S4 (Hamburg – Bad Oldesloe) sowie der weitere Streckenausbau zwischen Kiel und Lübeck realisiert werden. Allein deshalb werden wir uns bei der nächsten Ausschreibung für das Netz Ost für so viel Flexibilität wie möglich bei der Vertragsgestaltung mit den Verkehrsunternehmen einsetzen, damit die Verkehre bei einer Fertigstellung der jeweiligen Maßnahme auch umgehend den neuen Möglichkeiten und die Bedürfnisse der Menschen angepasst werden können. Deshalb unterstützen wir die Forderungen des Dialogforums hinsichtlich einer Verbesserung des ÖPNV – auch mit einer SPNV-Anbindung an Dänemark – voll.

 

7)   Flurbereinigung,

Partei Stellungnahme
CDU Wir unterstützen das beantragte Verfahren zur Flurbereinigung voll in der vom Dialogforum vorgeschlagenen Form unter Einbeziehung der DB. Dies zeitnah zu beginnen und zügig durchzuführen ist im Interesse aller Beteiligter.

 

8)   Optimale Abstimmung der Baumaßnahmen Schiene, Straße, Tunnel.

Partei Stellungnahme
CDU Wir unterstützen ein geeignetes Baustellen-Management ähnlich dem erfolgreich durchgeführten an der A 7 in enger Abstimmung mit den Kommunen. Aber wir wollen mehr: Wir wollen einen Fehmarnbelt-Beauftragten, bei dem alle Fäden zusammenlaufen. Dies gilt auch für den geplanten Schienenersatzverkehr, um Verspätungen oder Ausfälle gegenüber dem Fahrplan der DB zu verhindern genauso wie für die Beratung zur Ansiedlung von Unternehmen und die weitere Entwicklung des Tourismus. Dafür werden wir auf die Erfahrungen beim A7-Ausbau zurückgreifen – insbesondere im Hinblick auf die konsequente permanente, zeitnahe vollständige Information und Kommunikation all dessen, was den Bau der Schienenhinterlandanbindung betrifft. Auch sollen die lokalen Wirtschaftsförderer und Tourismusagenturen mit eingebunden werden.

 

Mir ist bewusst, dass meine Antworten zum jetzigen Zeitpunkt für Sie nicht vollständig zufriedenstellend sein werden. Ich hoffe aber, dass die Tatsache, dass wir auf sachlicher Basis über dieses Thema diskutieren, ein guter Ansatz für den weiteren Prozess ist und ihre Unterstützung findet.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Günther

Daniel Günther MdL

Landesvorsitzender

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Antwort Stepan Pries:

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5. Mai 2017
Hallo Herr Günther,

herzlichen Dank für Ihre Antwort auf meine Mail. Sie führen einige Dinge aus, die aus meiner Sicht so nicht stehenbleiben können, da die Fakten dagegen sprechen:

Sie schreiben:

Die Bürger haben ein Mitspracherecht über das „wie“ die Fehmarnbeltquerung kommt, aber nicht über das „ob“. Das dänische Parlament hat 2015 zugestimmt, dass dieses für ganz Europa wichtige Bauprojekt nun realisiert wird.“
==> Das liest sich so, als gäbe es seitens Deutschlands keine Möglichkeit mehr, das „ob“ zu diskutieren und als läge die gesamte Entscheidungshoheit bei den Dänen. Das ist natürlich nicht so. Nicht zuletzt im Staatsvertrag in Artikel 5 Absatz 4 steht geschrieben, dass die Parteien die Lage neu erörten, so sich denn speziell die Kosten wesentlich ändern. Das ist ganz offensichtlich der Fall. Statt der geplanten 850 Mio € für die Hinterlandanbindung wird es nun eher dreimal soviel. Stehen Sie dazu und sagen den Bürgern, dass Sie bereit sind, ein Vielfaches für die Hinterlandanbindung auszugeben als für die  digitale Infrastruktur, die wahrlich Grenzen überwindet und Hürden abbaut. Und tun Sie bitte nicht so, als seien Ihnen die Hände gebunden.

Sie schreiben:
„SPD-Minister Meyer hätte aus meiner Sicht deutlich früher den Dialog mit den Gegnern wie Sie es sind, suchen und die Einwendungen der Bürger schnellst möglich abarbeiten müssen. Das hat er nicht getan. Es ist nicht nur ein Ärgernis, sondern geradezu peinlich, dass nicht alle der 12.600 Einwendungen auf deutscher Seite fristgerecht bearbeitet werden konnten.“

==> Ihre Darstellung selber ist äußerst peinlich, da natürlich nicht die deutschen Behörden für die Bearbeitung der Einwendungen verantwortlich sind, sondern Femern A/S. Und somit sind auch die immer wiederkehrenden Vorwürfe der Dänen, die deutsche Seite arbeite zu langsam, unerträglich und frech. Femern A/S hat sich weder mit dem deutschen Verfahren noch den eigenen Aufgaben hinreichend auseinandergesetzt. Das ist höchst unprofessionell und lässt mich schaudern bezüglich der Umsetzung des Projektes durch dieses Unternehmen. Warum benennt niemand diesen Dilettantismus? Muss denn alles dem politischen Gegner vorgeworfen werden, egal ob es sachlich korrekt ist oder nicht?

Sie schreiben:
Er (der Tunnel) lässt eine starke transnationale Metropolregion Kopenhagen-Hamburg entstehen. Das bezieht die Regionen an der Strecke ausdrücklich mit ein.“

==> Kopenhagen liegt genau soweit von Hamburg entfernt wie Dortmund – nämlich 340 km. Hier von einer Metropolregion zu sprechen halte ich für sehr gewagt. Zumal in einem Umkreis von 50 km um den Tunnel gerade einmal ca. 100.000 Menschen leben.

Schade, dass auch Sie dieselben Plattitüden repetieren wie die anderen Tunnelverfechter und nicht willens sind, zum Wohl der Bürger in der betroffenen Region für mehr Transparenz und Objektivität zu streiten. Natürlich hat auch die Landespolitik Einfluss auf das Projekt, auf die Bundespolitik und auf Dänemark. Nutzen Sie diesen Einfluss im Sinne der Bürger, die Sie vertreten, und schieben nicht alle Verantwortung ab. Das wurde lange genug getan.

Übrigens steht im Staatsvertrag gleich im ersten Satz: „…in der Erkenntnis, dass die Verkehrsinfrastruktur zwischen den beiden Staaten verbessert werden muss, um den Güter- und Personenverkehr auf regionaler und europäischer Ebene zu fördern,…“
==> Die Bahn wird die bestehende Bäderbahn stilllegen und die neuen Bahnhöfe weit außerhalb der Ortschaften bauen. Was das mit Förderung der regionalen Infrastruktur zu tun hat, fragen sich nicht nur die 2.000 betroffenen Pendler.
Grüße aus Scharbeutz

Stephan Pries
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Antwort Daniel Günther – MdL:
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Kiel d. 5. Mai 2017

Hallo Herr Pries,
vielen Dank für Ihre Antwort, in der Sie sich noch einmal kritisch mit meinen Aussagen auseinandersetzen. Die CDU Schleswig-Holstein steht zur Fehmarnbelt-Querung, weil dieses Projekt für unser Land und die gesamte Metropolregion Hamburg – zu der im Übrigen auch ganz Ostholstein gehört –  mehr Chancen als Risiken bietet. Die Metropolregion Hamburg und die Öresundregion grenzen unmittelbar aneinander und sind einzig durch den Fehmarnbelt getrennt. Durch das Schließen der letzten fehlenden Verbindung im transeuropäischen Netz ergeben sich große Chancen für Schleswig-Holstein und Dänemark, sich als gemeinsame Wirtschaftsregion zu einem prosperierenden Standort zu entwickeln.

Hinsichtlich der Bearbeitung kann ich nur feststellen, dass in Schleswig-Holstein immer noch die Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde dem Wirtschaftsminister unterstellt ist und diese über die von Femern A/S eingereichten Unterlagen zu befinden hat. Wenn es dann, wie im letzten Sommer geschehen, zwischen dem Umwelt- und dem Wirtschaftsministerium in Schleswig-Holstein zu Kommunikationspannen gekommen ist, infolge dessen sich Termine verschieben, dann ist dafür auch der Wirtschaftsminister verantwortlich und entsprechend zu kritisieren. Wir haben immer gesagt, dass wir die Forderungen aus der Region sowie die Ergebnisse des Fehmarnbelt Dialogforums berücksichtigen werden. Dazu gehört auch ein den Anforderungen der Bürgerinnen und Bürger in Ostholstein angemessener ÖPNV.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Günther

Daniel Günther MdL

Landesvorsitzender

2 Gedanken zu „Mailverkehr CDU-Spitzenkandidat = Beltkritiker“

  1. sehr geehrter Herr Günther,
    ich habe 20 Jahre in Hamburg gewohnt und genieße es, dass Ostholstein nicht
    zur Metropolregion Hamburg gehört.
    Bitte reden Sie nicht von Chancen für Ostholstein. Das bedeutet nämlich: es hängt nur davon ab, ob die Menschen die Chancen wahrnehmen.
    Sprechen Sie lieber davon, wie Sie diese schützenswerte Region von Kiel oder Berlin aus schützen wollen, anstatt zu ihrer Zerstörung beizutragen.
    Sprechen Sie davon, welche (einklagbaren) Verpflichtungen Sie als Politiker für das Wohlergehen unserer Region und den Menschen hier eingehen.
    Wenn Sie uns fragen, können wir Ihnen genau sagen, was wir von der Politik in Kiel oder Berlin oder Brüssel erwarten, aber auch, wo wir selber entscheiden wollen, was uns und der Region gut tut. Da gibt es Dinge, die niemand beurteilen kann, der nicht in der Region wohnt, nicht die Früchte seiner Arbeit vor Ort erntet und auch nicht verantwortet, was hier getan wird.
    Mit freundlichen Grüßen Wolfgang Debus, Lensahn
    (ausführlichere Ausführungen von mir zum Thema folgen)

  2. Sehr geehrter Herr Günther,
    Bisher habe ich leider nur einen Ausschnitt aus einem Ihrer Wahlbeiträge gesehen, weil ich wissen wollte, wer da als für mich Unbekannter in die Politik-Arena tritt.
    Beeindruckt hat mich, dass Sie sagten (sinngemäß): “Was soll ich hier Wahlreden halten, ich will lieber hören, welche Sorgen die Menschen haben.“
    Das ist ein hoffnungsvoller Ansatz für ein zeitgemäßes Demokratieverständnis.
    Deshalb und weil Sie zur jüngeren Generation gehören, offensichtlich gut denken können, würden Sie sogar meine Stimme bekommen. Nicht aber die CDU!
    Diese Partei, die eine so katastrophale Flüchtlingspolitik betreibt und die ehrenamtliche Arbeit (zu der ich auch gehöre) mit Füßen tritt, glaubt, um Stimmen zu gewinnen, diesen menschenunwürdigen Eiertanz zwischen Willkommensgruß und Abschiebung (von gut integrierbaren Menschen) vollführen zu müssen, ist nicht meine Partei.
    Eine CDU, die mit einem völlig unfähigen und von der Autoindustrie abhängigen Verkehrsminister unsere Lebensgrundlagen zerstört, sämtliche Klimaabkommen und Erkenntnisse über Gesundheitsschäden unter den Teppich kehrt, damit dieser Industriezweig weiter boomen kann – zum Schaden aller und für die Konten der Industriemanager, ist nicht meine CDU. Ist das die Partei, für die Sie kämpfen?
    Eine CDU, deren Landwirtschaftsminister (sorry, das ist ja die Schwesterpartei) ebenfalls wenig von nachhaltiger und ökologischer Landwirtschaft hält, mit Megaställen, Agrarchemie und Boden zerstörenden Großmaschinen die Produktion gesunder Lebensmittel verhindert, keine vernünftige Preis-Lohn-Balance für die Landwirte hinbekommt, ebenfalls eine Umwelt- und Menschen-feindliche Politik betreibt und Stimmen mundtot macht (Umweltministerium, Bundesumweltamt), die sich für eine gesunde Landwirtschaft einsetzen, ist nicht die Partei, die ich wähle. Und Sie?
    Eine CDU, die es vorzieht lieber Milliarden in zum Teil unkontrollierten Rüstungsgeschäften zu verdienen und – unter Leitung einer entsprechend ausgerichteten Ministerin – diese Milliarden dann wieder in unsinnigen Kriegen auszugeben, anstatt für das gleiche Geld die betroffenen Länder mit Bildungseinrichtungen und Hilfen zur Selbsthilfe auszustatten (Paradebeispiel: Afghanistan), ist keine Partei, die ich wähle. Und Sie?
    Kommen wir zum Thema: Die feste Fehmarnbeltquerung. Machen Sie sich bitte ein eigenes Bild. Aus Ihren Ausführungen spricht leider eine große Unkenntnis der regionalen Situation oder – was noch schlimmer wäre – eine Missachtung der Auswirkungen und der regionalen Beeinträchtigungen.
    Dieses Projekt ist nie als Förderprojekt für Ostholstein gedacht gewesen. Dazu wurde es erst schöngeredet, als sich hier berechtigterweise massiver Widerstand regte. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die feste Fehmarnbeltquerung und die damit verbundenen Verkehrs-“Ertüchtigungen“ eine Katstrophe für die Region, für die Ostsee und weit darüber hinaus sein wird, wenn sie realisiert wird, was Gott verhindern möge! (und das meine ich als gläubiger Christ wörtlich!) Christlich ? Demokratisch?
    Grundsätzlich zeigt die CDU in ihrer ganzen Industrie- und Transportpolitik eine Technokratie-gläubige Haltung, die schon in den 60er/70er-Jahren als lebensfeindlich entlarvt wurde. Aber ein Riesentanker hat einen langen Bremsweg.
    Und ein Parteigefüge, sowie die intensive Verfilzung von Politik und Wirtschaft ist schwerfälliger als ein Riesentanker.
    Sie, als denkender Mensch der jungen Generation (und viele andere mit Ihnen) sollten das durchschauen und nicht unterstützen.
    Es ist nicht meine Zukunft, sondern Ihre, deren Lebensgrundlagen Sie zerstören.
    (Als Jahrgang 1942 könnte ich mich zurücklehnen, die Sonne, die Ruhe und das Vogelkonzert im Garten genießen, solange wir das noch haben.)
    Die feste Fehmarnbeltquerung, lange vorher geplant, wurde 2008 in einem Staatsvertrag vereinbart. Interessiert daran sind alle Industrien und Transportgesellschaften, beteiligte Baufirmen und angeschlossene Trittbrettfahrer. Christlich ? Demokratisch?
    Wie Sie richtig sagen, ist es eine längst überfällige Lückenschließung im System der Durchraserouten Deutschlands als Knotenpunkt der EU. Nicht nur Kopenhagen und Hamburg sollen damit „verbunden“ werden. Neapel, Stockholm und Finnland profitieren davon. In einem Denken, dass dem „Wir-wollen-Alles-von-überallher-überallhin-so-schnell-wie-möglich-haben“ die Priorität gibt, ist dieser Schritt eine ganz logische Schlussfolgerung. „Dumm“ ist nur, dass wir inzwischen gemerkt haben, wie kaputt uns, unsere Lebensgrundlagen und die Zukunft unserer Kinder diese nicht zu Ende gedachte Projektierung und Denkweise macht. Dazu weitere Ausführungen zu machen erspare ich mir hier. Denn wenn Sie es wissen wollen, bekommen Sie ja die Informationen über Umweltschäden, Gesundheitsbeeinträchtigungen, Zerstörung von Land und Menschen leicht über einige Clicks hier im Internet. Vielleicht wollen Sie das gar nicht wissen?
    Das Dialogforum, das die ganze Sache „aufhält“ wurde übrigens von einem CDU-Ministerpräsidenten ins Leben gerufen. Scheinbar als modernes demokratisches Verfahren (das es bei einem Mitentscheidungsrecht wohl auch sein könnte), in Wirklichkeit aber, um die Gegenbewegung (mit der man wohl so nicht gerechnet hatte) besser kontrollieren, langwierige Klageverfahren verhindern zu können.
    In 5 Jahren haben sich hier Befürworter und Gegner in 24 Sitzungen an einem Tisch ausgetauscht, durchaus auch gute, annähernde Gespräche geführt. In vielen Punkten wurde kein gemeinsamer Nenner gefunden. In einem Punkt sind sich aber Alle einig:
    Es gibt keine auch nur halbwegs Raum- und Menschen-verträgliche Lösung. Mit diesem Ergebnis müsste eigentlich Kiel in Berlin und Berlin in Kopenhagen vorstellig werden, um den Vertrag aufzulösen. Das ist durchaus im Vertrag vorgesehen. (Insofern ist Ihr Statement „wir halten am Vertrag fest“ genau genommen keine Vertragstreue sondern eine Missachtung des Vertrages, weil Sie damit ein Bauen um jeden Preis meinen.)
    Das Dialogforum ist ein wertvolles demokratisches Instrument, wenn es sein Versprechen „Betroffene werden zu Beteiligten“ tatsächlich einlöst.
    Zitat: „Das Dialogforum bietet eine innovative Bürgerbeteiligung.
    Wir begleiten Planung und Bau des gesamten Projektes. Wir hinterfragen Sinn und Fakten und suchen Lösungen. Bei uns werden Betroffene zu Beteiligten.“ Beteiligung aber heißt: Mitentscheidung.
    Wir wollen nicht, dass die Ostsee jahrelang aufgewühlt wird, ein Jahrzehnt Baulärm, Emissionen, Verkehrsbehinderungen, starke Beeinträchtigung des ÖPNV ertragen müssen um anschließend mit mehr Verkehrslärm, Giftgasen, Felderzerschneidung und schlechterer Infrastruktur als vorher bestraft zu werden.
    Wir brauchen Unterstützung für den Erhalt einer Region, die noch als erholsam gilt, von einer Art des Tourismus und von Erholungs- und Reha-Einrichtungen lebt, die dringender den je gebraucht werden, weil die Menschen allerorten durch das kaputt gemacht werden, was Sie hier auch installieren wollen. Wir brauchen eine gute Bezahlung in den vorhandenen Arbeitsplätzen, gepflegte Verkehrswege, ein ausgebautes Radwege-Netz, bezahlbaren, gut getakteten ÖPNV, Unterstützung bei Kultur-, Gesundheits- und Bildungseinrichtungen, überlegte und umweltfreundliche Modernisierung von Energie und Landwirtschaft. freundliche Grüße Wolfgang Debus, Lensahn Mai 2017

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